Im Land der Morgenstille

Reisebericht von Friedrich Stöhr

 


‘Land der Morgenstille’ ist der poetische Name Koreas so wie Japan das ‘Land der aufgehenden Sonne’ ist.

Am Vorabend traf sich unsere Reisegruppe im Terminal 2 des Frankfurter Flughafens am Schalter der Korean Airlines. Wir kommen verstreut aus ganz Deutschland.

Ankunft 15 Uhr 25 in Seoul: trotz halbstündiger Verspätung beim Abflug in Frankfurt noch 30 Minuten früher als im Flugplan. Ein ruhiger zehnstündiger Flug über Russland, Sibirien, die Mongolei und China mit fantastischer Sicht auf die Erde, geht zu Ende. Die Pass- und Zollabfertigung geht sehr zügig und unsere 12-köpfige Reisegruppe wird bereits von der koreanischen Reiseleiterin, Frau Hong, erwartet.

Unser Hotel liegt im nordwestlichen Teil von Seoul am Bukak-Berg. Mit einem Bus fahren wir eine Stunde lang durch Seoul zu unserem Hotel. Während der Fahrt entlang des Han-Flusses, der Seoul in eine nördliche und eine südliche Hälfte teilt, erklärt uns Frau Hong schon einige Stadtteile. Der Han-Fluß wird von 14 Brücken überspannt.

Seoul ist ein Moloch, es besteht aus sehr vielen rechteckigen Wohnklötzen mit mehr als 20 Stockwerken und breiten Strassen mit bis zu sechs Fahrbahnen in jeder Richtung, die anscheinend immer verstopft sind. Dazwischen, verschwindend klein, einige traditionelle koreanische Häuser, darunter historische Bauten, mehrere Parks, viele moderne Bürohochhäuser und eine Handvoll Paläste aus den letzten vier Jahrhunderten. Die Verän-derung vom Agrarland zum Industriestaat begann in den 70er Jahren und dadurch zogen die Städte immer mehr Menschen an. Die Verwaltung baute Straßen und Wohnungen, konnte aber nicht im gleichen Maße mit der Bevölkerungszunahme Schritt halten.

Südkorea hat ungefähr ein Fünftel der Größe Deutschlands bei etwa 46 Mill. Einwohnern (also etwas mehr als die Hälfte Deutschlands). Vor dem 7.Jahrhundert gab es drei Königreiche in Korea, Paekche, Shilla und Koguryo, die zum Shilla Königreich vereinigt wurden.

Ab 1910 wurde aus dem Königreich Korea eine japanische Kolonie, seit 1946 ist Korea eine Republik. Nach dem ‘Korea-Krieg’ 1950-53 am 38.Breitengrad geteilt in Nord- und Südkorea.

Was fällt einem Europäer auf, der zum ersten mal nach Korea kommt? Es riecht anscheinend überall nach Ginseng, einem wichtigen koreanischen Exportartikel. Korea scheint das „Handy-Land" zu sein, offensichtlich besitzt jeder Koreaner mindestens ein Handy-Telefon. Die Preise dafür sind vergleichbar mit denen in Deutschland. Man wundert sich, daß es noch Telefonzellen gibt... Dann fällt der chaotische Verkehr in der 12 Mill. Stadt Seoul auf, den einige Polizisten mit nachts leuchtenden Stöcken zu regulieren versuchen. Wenn an Fußgängerampeln für die Autos ROT ist und es kommt kein Fußgänger, wird auch weitergefahren. Fahrbahnwechsel ist ein beliebtes Spiel, mal mit mal ohne Blinker. Und die Wechsler werden immer hereingelassen. Es wird wenig gehupt, Stau ist völlig normal, Rush-Hour ist 24 Stunden am Tag. Es fahren nur wenige Kleinwagen, sehr viele Mittelklassewagen und etliche Autos der Oberklasse. Und das trotz eines Benzinpreises von über DM 2.00 (Diesel gibt es für unter einer Mark) und einem Durchschnittseinkommen von unter DM 1500. Die einzige Alternative ist die U-Bahn, die mit 8 Linien die Stadt durchquert.

Es gibt unglaublich viele Kirchen in Seoul, meist kleinere, gekennzeichnet durch ein Kreuz aus Neonröhren auf dem Dach! Evangelische Kirchen haben ein rotes Kreuz, katholische ein weißes. Wenn ein Gottesdienst stattfindet wird das Kreuz beleuchtet. Die christlichen Missionare haben viele Koreaner vom Buddhismus bekehrt, 27% der Koreaner bekennen sich zu einer christlichen Gemeinschaft.

Die Zahl 4 ist kein Glücksbringer, in vielen Hotels gibt es keine vierte Etage. Dafür sind häufig die Türen sehr niedrig, mit 1 Meter70 kommt man gerade hindurch ohne den Kopf einziehen zu müssen. Es gibt unglaublich viel bunte Werbung, jeder Laden lockt mit Ballons und Lichtern, Transparenten und Fähnchen die potentiellen Käufer an.

In Korea verwendet man seit etwa 500 Jahren eine eigene Schrift, die aus Buchstaben besteht. Im Gegensatz dazu verwendet man zum Beispiel in Japan und China Schriftzeichen, die jeweils einen kompletten Begriff darstellen. Die koreanische Sprache ist übrigens eng verwandt mit Finnisch und Ungarisch!

Neben der koreanischen Schrift sieht man in der Stadt auch zunehmend westliche Buchstaben, ich habe sogar eine SPAR Filiale entdeckt! ‘Lotteria’ hat nichts mit Lotterie zu tun, es ist ein Hamburger-Laden des LOTTE-Konzerns.

Entgegen anderslautenden Gerüchten sieht man durchaus Hunde, sowohl in Läden in der Stadt als auch auf dem Land. Weiße Pudel werden gerne gefärbt, blaue Pfoten und rote Ohren fielen mir auf.

Unsere erste Besichtigung in Seoul ist der Kyongbokkung Palast mit angegliedertem Volkskundemuseum. Die sehr weitläufige Anlage mitten in Seoul wird von vielen Kindern besucht, wie wir erfahren ist momentan die Zeit der Schulausflüge. Der Palast besteht über-wiegend aus eingeschossigen Holzhäusern und brannte im Laufe der Geschichte schon mehrmals ab. Es wird immer an einem Teil des Palastes gebaut oder renoviert. Zur Zeit wird gerade innerhalb des Palastes eine geschichtliche TV-Serie produziert, wir können die Darsteller und Komparsen in den traditionellen Trachten aus nächster Nähe bestaunen. Sehr beliebt ist die Palastanlage als Hintergrund für Hochzeitsfotos. Man macht diese Bilder bereits vor der Hochzeit in geliehenen Kleidern in den malerischen Parks. Lustig zu sehen, daß die Braut oft unter ihrem weißen Hochzeitskleid Jeans und Turnschuhe trägt. Man sieht dies beim Wechsel des Standortes, wenn die Braut ihr Kleid beim Gehen hochheben muß... Der Bräutigam meist im schwarzen Anzug (auch geliehen, für die Fotos). Nur selten sieht man ein Brautpaar in der traditionellen koreanischen Kleidung.

Das Folkloremuseum zeigt sehr anschaulich und übersichtlich die Entwicklung der Besiedelung und Kultur in Korea. Die vielen Kinder stören nur wenig, sie verhalten sich sehr diszipliniert. Manchmal rufen sie ein schüchternes ‘Hello’ und sind ganz begeistert, wenn von uns eine Antwort darauf kommt.

Die Eintrittspreise sind übrigens sehr moderat, selten mehr als DM 1,50.

Mitten in der Stadt, aber in einem unscheinbaren Hinterhof, besuchen wir ein koreanisches Teehaus. Man zieht natürlich die Schuhe aus und nimmt an ziemlich kleinen Tischchen Platz. Die verschiedensten Teesorten stehen zur Auswahl auf der Karte (einem Fächer) und wir sind etwas verwirrt ob der Vielfalt. Unsere Reiseleiterin, Frau Hong, hilft uns bei der Entscheidung. Der Tee wird nicht in Tassen serviert sondern getrennt Tee und heißes Wasser in einer Kanne. Zunächst müssen die Tassen mit dem Wasser gewärmt werden. Die Temperatur des Wassers ist sehr wichtig für die Teezubereitung, Premium Tee wird mit einer anderen Temperatur aufgegossen als normaler Tee! Die freundliche Bedienung hilft uns dabei. Dazu wird leicht süßliches Reisgebäck serviert.

Am Nachmittag fahren wir auf den Namsan-Berg und dort in wenigen Sekunden auf den Seoul-Tower, einen 120 m hohen Aussichts- und Fernsehturm. Dank des guten Wetters haben wir eine hervorragende Fernsicht, dabei reicht Seoul soweit man sehen kann.

Auf dem Rückweg besuchen wir noch den über 500 Jahre alten Chogyesa Tempel.

Er ist der größte buddhistische Tempel im Großraum Seoul und besteht aus mehreren Gebäuden. Eine große Glocke wird mit einem Holzbalken angeschlagen wenn ein gemeinsames Gebet stattfindet. Rings um das Haupthaus sind auf Gemälden die verschiedenen Stationen im Leben Siddharta Gautama Buddhas dargestellt.

Gleich am zweiten Abend führt uns unsere Reiseleiterin in ein typisch koreanisches Restaurant. Es gibt einen großen Raum an dessen einer Seite eine Gruppe von vier jungen Koreanerinnen auf verschiedenen Blas-, Zupf- und Streichinstrumenten angenehme Musik machen. Ringsum sind noch kleinere Räume in denen Familien sitzen. Die Bedienungen sind in koreanische Tracht gekleidet und verbeugen sich bei jedem Gast. Als bekannt wird, daß wir aus Deutschland kommen, stellt man uns eine kleine schwarz-rot-goldene Fahne an den Tisch. Gold ist oben und, nach einem dezenten Hinweis von uns, bemüht man sich schnellstens den Irrtum zu korrigieren. Offensichtlich kommen nicht sehr oft Deutsche in dieses Restaurant. Man zieht, wie überall, die Schuhe aus und nimmt Platz.

Das koreanische Essen wird auf niedrigen Tischen serviert. Man sitzt auf Kissen auf dem Boden und hat als Europäer alle Mühe, sich einigermaßen aufrecht zu halten. Die Gerichte befinden sich in verschiedenen Schüsselchen und Schälchen, man ißt mit metallenen (!) Stäbchen. Diese sind wesentlich schwieriger zu halten als die hölzernen, es rutscht auch viel leichter das mühsam gefischte Gemüse oder Fleich wieder in die Schüssel zurück. Meist hält man sich mit einer Hand am niedrigen Tisch fest und versucht mit der anderen Hand sattzuwerden. Das Essen selbst ist sehr vielfältig und schmackhaft zubereitet, Lieblingsspeisen sind Fisch und andere Meerestiere. Unvermeidlich ist Kimchi, das ist sauer eingelegter Chinakohl, ähnlich Sauerkraut. Kimchi gibt es zu jedem Essen, dazu wird Reis und eine Suppe serviert. Man ißt alles durcheinender, es gibt keine Reihenfolge. Manche Schüsselchen enthalten sehr scharfe Gerichte, aber es dauert nicht lange bis man die ‘gefährlichen’ Schälchen kennt. Dazu wird Tee oder Bier serviert. Nach koreanischer Sitte schenkt man sich gegenseitig ein und achtet darauf, daß das Gegenüber immer zu trinken hat. Bezahlt wird immer zusammen und man rechnet es sich als Ehre an, für die mitessenden Gäste bezahlen zu dürfen.

Der dritte Tag in Seoul ist für einen Ausflug nach Panmunjon am 38.Breitengrad reserviert. Diese Fahrt ist ein ‘Muß’, man kann das den Koreanern nicht abschlagen.

Zunächst führt die Fahrt entlang des Han-Flusses nach Westen. Schon kurz nach den Vororten von Seoul fallen uns die Stacheldrahthindernisse und die getarnten, aber unbesetzten Wachtürme, entlang des Ufers auf. Man fürchtet aufgrund der nahen Grenze zu Nordkorea, daß Agenten oder Saboteure eindringen könnten.

Quer durch die Halbinsel, entlang des 38.Breitengrades, zieht sich ein 4km breiter entmilitarisierter Streifen, an dessen beiden Seiten die Soldaten der Süd- und der Nordkoreaner postiert sind. Bevor man die entmilitarisierte Zone besuchen darf, gibt es eine Belehrung, an deren Ende man ein Formular zu unterschreiben hat. Hier sind alle Bedingungen aufgeführt, was man tun darf und was man unbedingt zu unterlassen hat. So darf man zum Beispiel nicht in Jeans in diese Zone kommen. Die entmilitarisierte Zone wird durch UNO-Soldaten bewacht, sie ist absolut undurchdringlich. In Deutschland gab es auch in den schwierigsten Zeiten, zumindest mit Ausnahmegenehmigung, die Möglichkeit des Überschreitens der Zonengrenze. Hier ist dies nicht möglich. Lediglich in der Nähe vom Verhandlungsort Panmunjon gibt es die ‘Brücke ohne Wiederkehr’, über die sehr selten Menschen aus Nordkorea abgeschoben werden. Auf nordkoreanischer Seite sind extrem große Schriften mit Propagandasprüchen angebracht, tauchen Besucher auf der süd-koreanischen Seite auf so werden über riesige Lautsprecher Lieder abgespielt und Parolen gerufen. Aber auch von der südkoreanischen Seite aus gibt es Propaganda. Im Bus nach Panmunjon ist auch eine dänische Reisegruppe, übrigens die einzigen Europäer, die uns auf der Reise begegneten. Ich unterhalte mich mit dem Reiseleiter dieser Gruppe, einem ehemaligen dänischen Lehrer. Er war schon mehr als 50 mal in Korea und hat das erste Buch über Korea in dänischer Sprache geschrieben, das er mir dann stolz zeigte. Es enthält viele ausgezeichnete Fotos aus ganz Korea, die der Autor aber nicht selbst gemacht hat. Die dänische Reisegruppe besteht aus Adoptiveltern mit ihren koreanischen Adoptivkindern, die zum erstenmal in Korea sind. Sie sprechen nur dänisch und können sich mit den Koreanern nicht verständigen.

Nach der Rückfahrt nach Seoul haben wir noch Gelegenheit in der Innenstadt zu bummeln. Ein Postamt ist bald gefunden aber die Meinungen über das korrekte Porto für Postkarten per Luftpost nach Deutschland gehen bei den Postangestellten weit auseinander. Zwischen 350 und 480 Won können wir uns entscheiden! Später erfahren wir, daß das richtige Porto für Luftpost 480 Won wäre. Klebt man nur 350 Won auf die Karte, so werden diese Karten zunächst gesammelt und dann, etwas verzögert, auch per Luftpost befördert.

In den engen Seitenstraßen sind sehr viele Fußgänger unterwegs, trotzdem schlängeln sich immer noch Autos und Motorräder zwischendurch. Die Motorräder sind die modernen ‘Träger’: anstelle des Soziussitzes ist ein Tragegestell montiert, auf dem Kartons oder Säcke zu den verschiedenen kleinen Geschäften transportiert werden. Richtige Träger, mit einer Tragestange über den Schultern, sieht man nur noch sehr selten. Hier in diesen Straßen wird alles angeboten, was man sich nur wünschen kann: Lebensmittel, Kleidung, Bücher, Koffer, Antiquitäten, natürlich Ginseng, aber auch moderne Dinge wie CD’s und elektrische bzw. elektronische Geräte. Bei kleinen Restaurants sitzen hinter einem großen Fenster am Eingang Frauen, die Meeresfrüchte und Gemüse mit Reis umhüllt mit Seetang zu einer Rolle formen (Kimbab). Ist die Rolle fertig wird sie in Scheiben geschnitten, ein beliebtes Schnell-Gericht.

Weil uns nach einiger Zeit Durst plagt, suchen wir nach einem Bier-Lokal. Die Suche dauert nicht lange und wir finden ein kleines aber leeres Restaurant mit ‘normalen’ Bänken und Tischen. Es gibt sogar koreanisches Bier vom Faß und wir trinken jeweils einen halben Liter zu Preis von 2000 Won (ca. DM 3.-). An der Wand des Lokals hängen Bierfilze, darunter sogar einige deutsche. Leider klappt die Verständigung per Englisch nicht sehr gut, aber zwei Mitreisende bekommen die Adresse des Wirtes und wollen ihm aus Deutschland noch einige Bierdeckel für seine Kollektion schicken.

Danach suchen wir uns ein Taxi und fahren zum Hotel zurück. Die Strecke ist etwa 7 km und wir brauchen knapp eine Stunde dafür! Der Preis dafür ist allerdings sehr moderat: 6000 Won (ca. DM 10,-).

Am nächsten Tag besuchen wir das moderne Gebäude der staatlichen koreanischen Touristenorganisation (KNTO). Hier ist eine Etage mit Miniaturmodellen von Seoul mit Umgebung und von Korea ausgestattet. Man sieht die Landschaft, Besiedelung, Straßen und Eisenbahnen. Außerdem sind vier Bildschirme mit Internet-Zugang kostenlos verfügbar. Alle Besucher werden mit vielen Prospekten versorgt, man bemüht sich sehr um die ausländischen Touristen.

Danach fahren wir auf die Youido-Insel im Han-Fluß, dort werden wir vor dem KBS-Gebäude von der deutschen Redaktion von RKI sehr herzlich empfangen. Man führt uns durch das riesige Gebäude und zeigt uns die Tonstudios in denen die Deutschsendungen von RKI produziert werden. Der Manager aller RKI Auslandssendungen, Herr Kim, nimmt sich für uns Zeit, fragt nach unseren bisherigen Reiseeindrücken und möchte wissen wie wir Radio Korea in Deutschland empfangen können. Man will auch wissen, welche Verbesserungen wir für das deutsche Programm vorschlagen.

Inzwischen ist es Mittag und Herr Kim lädt uns zu einem typisch koreanischen Essen ein (siehe oben). Nach dem Essen werden wir vor der Verabschiedung noch großzügig beschenkt.

In der Nähe des KBS-Gebäudes befindet sich das Haus der koreanischen Nationalversammlung, das wir auch besichtigen können. Das monumentale Gebäude ist von einer riesigen lichtdurchlässigen Kuppel gekrönt, die Umgänge zeigen an den langen Wänden Fotos aus der jüngeren Geschichte Koreas. Sehr eindrucksvoll ist der große Plenarsaal. Bemerkenswert: jeder Abgeordnete hat an seinem Platz ein Schild auf dem in großen Buchstaben sein Name steht.

Da wir leider Chongwadae, die Residenz des koreanischen Staatspräsidenten (das ‘blaue Haus’), wegen geänderter Öffnungszeiten nicht besichtigen können, gehen wir zum Toksugung-Palast. Hier sind wir fast die einzigen Besucher, was wohl mit der späten Stunde und der baldigen Schließung des Palastes zusammenhängt.

Unsere Rundreise beginnen wir in Inchon, etwa 40 km westlich von Seoul. Ichon ist bekannt für seine kunstvollen Töpfereiprodukte. In einer Töpferei können wir den Angestellten über die Schulter schauen und sind fasziniert von den künstlerischen Schöpfungen, die aller-dings auch ihren bemerkenswerten Preis haben.

Weiter geht unsere Fahrt über Taejon nach Kyongju im Osten des Landes. Unterwegs gibt es mehrfach Besichtigungen von Königsgäbern aus der Shilla- Paekche- und Choson-Zeit, Tempeln und Museen.

Die Autobahnen (Expressways) sind gut ausgebaut und mautpflichtig. Es besteht eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 110 km/h. Trotz starkem Verkehr gibt es nur selten Stauungen, meist nur an Einfahrten. Hier drängen sich die Einfahrenden in den Verkehrsstrom, besonders an Sonntagen ist das festzustellen.

Bei der Fahrt über Land sieht man noch viele niedrige Häuser im typisch koreanischen Stil mit geschwungenen Dächern. Die neueren Bauten sind eher gesichtslos, meist mit Wellblechdächern. Sie könnten in irgendeinem Land stehen. Kühe oder Pferde sieht man nur vereinzelt. Die Bauern pflanzen hauptsächlich Reis und Ginseng an. Momentan war gerade Reisernte, die mit Erntemaschinen eingebracht wird. Wasserbüffel, wie in anderen asiatischen Ländern, habe ich nirgendwo sehen können. Der geerntete Reis ist von sehr hoher Qualität und wird zum größten Teil exportiert. Weil der im Land verbleibende Reis für die Bevölkerung nicht ausreicht wird aus dem Ausland billigerer Reis niedrigerer Qualität importiert... Ginseng ist in Korea sehr beliebt, es gibt alle denkbaren Formen davon: als Wurzel, als Likör, als Pulver, Bonbons und vieles andere. Auch in Korea ist Ginseng teuer, die Wurzeln können erst acht Jahre nach der Anpflanzung geerntet werden und belegen daher für diese Zeit die Anbaufläche. Während des Wachstums wird die Ginseng Pflanzung durch Matten vor übermäßiger Hitze oder Kälte geschützt, man erkennt daran die Felder sofort beim Vorbeifahren.

Ortswechsel: Pusan, die größte Hafenstadt Südkoreas ist umgeben von Bergen. Auf einem der Hügel befindet sich der Pusan-Tower, ein Aussichtsturm mit über 110m Höhe. Das Besondere am Pusan-Tower ist, daß er auf seiner Spitze keine Antennen hat. Die sind auf einem anderen höheren Berg montiert. Wir fahren innerhalb von Sekunden mit einem Expresslift zur Aussichtsplattform. Von hier aus sieht man das gesamte Panorama Pusans. Ein Stadtteil befindet sich auf einer vorgelagerten Insel, die über mehrere Brücken mit dem Festland verbunden ist.

Nach der Rundumsicht gehen wir zum Fischmarkt. Das ist wirklich eine Sensation: alles was man im Meer fängt wird hier angeboten. Exotische Fische, Langusten, Krabben, Seegurken und andere, mir unbekannte, Meeresbewohner werden von Frauen direkt auf der Straße feilgeboten. Ein fantastisch farbiges Bild das bei den Fotografen einen Begeisterungssturm auslöst. Die Gerüche sind nicht besonders lästig, alles ist ganz frisch aus dem Meer. Etwas weiter stehen große Hallen, in denen wird an kleinen Ständen Fisch etc. roh zum Essen serviert. Man sucht sich den gewünschten Fisch aus und bekommt ihn zerteilt in kleine Happen (Stäbchen) serviert. Natürlich bietet man auch uns an dort Platz zu nehmen, aber es ist nachmittag und wir haben weder Hunger noch Appetit auf rohen Fisch, den die Koreaner aber sehr gerne mögen.

Unser Hotel befindet sich fast im Zentrum der Stadt so daß wir mit wenigen Schritten mitten im quirligen Leben sind. Auch hier eine unübersehbare Reklameflut, dazwischen kleine Esslokale mit offenen Frontseiten, damit man ins Innere sehen kann. Die Besitzer dieser Lokale kommen sofort heraus und bitten uns hinein. Hier gibt es so ziemlich alles was man sich zum Essen wünschen kann, viel Fisch und andere Meerestiere aber auch Schweine- oder Rindfleisch und vegetarische Gerichte. Wir suchen ein Lokal mit europäischen Sitzgelegenheiten. Schließlich finden wir mit fünf Personen noch Platz in einem Pfannkuchenlokal nachdem man einige Gäste umquartiert hatte. Die Pfannkuchen werden aus einem Teig von gemahlenen Soyabohnen und Eiern mit einer Füllung nach Wunsch gebacken. Ich nehme eine vegetarische Gemüsefüllung, die sich als sehr wohlschmeckend herausstellt. Allerdings gibt es Stäbchen als ‘Besteck’ und nur die Hilfe des Kochs, der die Pfannkuchen in Streifen zerschneidet, macht das Essen möglich... Einer der Mitreisenden bestellt für uns koreanischen Reiswein. Dieser sieht aus wie Federweißer und schmeckt auch fast so. Der Alkoholgehalt ist nicht hoch, man sagt ihm aber eine verdauungsfördernde Wirkung nach.

Anschließend streifen wir noch durch die Geschäftsstraßen. Es ist inzwischen 22 Uhr und von Ladenschluß ist keine Rede. Auffällig auch in Pusan: es sind meist junge Leute bis etwa 25 Jahre, die hier flanieren und sich vergnügen. Die jungen Koreaner sind meist einen Kopf größer als die über 30-Jährigen. Junge Frauen unterstützen dies oftmals noch durch Schuhe mit dicken Plateausohlen. Man ist modern gekleidet, einige Jugendliche färben sich ihre Haare braun oder auch blond. Momentan sind Grusel-Discos ‘in’ und natürlich Karaoke!

In sind momentan auch ‘Tanzmaschinen’: man muß auf Flächen mit nacheinander aufleuchtenden Pfeilen treten, dadurch führt man einen vorher ausgewählten Tanz aus. Karaoke mit den Füßen!

Oft sieht man ein Schild: ‘HOF 2F’. Das bedeutet, hier ist ein Bierlokal (von Hofbräuhaus) im ersten Stock des Hauses. Das koreanische Bier ist etwas schwächer als das deutsche, ist aber verträglich und läßt sich gut trinken. Erstaunlicherweise gibt es Henkelgläser mit einem halben Liter Inhalt.

Von Pusan aus fahren wir mit dem Bus etwa zwei Stunden nach Südwesten nach Tongyong. Von dort aus machen wir mit einem Ausflugsschiff eine etwa dreistündige kleine Kreuzfahrt auf dem Hallyo-Waterway. Man wähnt sich an der griechischen Küste: die Kalksteinfelsen zwischen Küste und Meer bilden eine malerische Kulisse. Mitten drin Fischerboote und auf den Felsen Angler. Wir sind die einzigen Europäer auf dem Ausflugsschiff, alle anderen Passagiere sind Koreanerinnen und Koreaner.

Weiter führt unsere Rundreise nach Norden in den Chirisan Nationalpark. Hier ist es gebirgig, die höchsten Gipfel sind bis zu 2000 m hoch. Über die Berge führt ein Pass mit einer sehr gut ausgebauten Serpentinenstraße, die sehr der des Großglockners ähnelt. Obwohl es Donnerstag ist, sind viele Busse mit Ausflüglern unterwegs, auf den Parkplätzen stehen nicht selten 30 und mehr große Busse. Aber man ist darauf eingerichtet, neben den Schnellimbiß- und Souvenirständen sind auch Toiletten in ausreichender Anzahl vorhanden.

Am vorletzten Tag, auf der Rückfahrt nach Seoul, besichtigen wir noch den Tapsa-Tempel mit vielen Pagoden, der von einem Einsiedlermönch errichtet wurde.

Unbedingt zu besuchen ist am Songnisan-Berg der Popchusa Tempel mit der größten fünfstöckigen Holzpagode und einer 33 m hohen Buddhastatue aus Bronze. Sie ist innen hohl und kann auf 108 Stufen bis in den Kopf bestiegen werden.

Etwas müde kommen wir im Dunkeln wieder in Seoul an. Wir hatten ein sehr gedrängtes Besichtigungsprogramm in den vergangenen Wochen und konnten trotzdem nur einen kleinen Teil des Landes sehen.

Am Tag unseres Rückfluges kommt morgens noch Frau Choi Soo-ah zu uns ins Hotel um ein Interview für die RKI-Hörer über unsere Reiseeindrücke zu machen. Das Hotelzimmer eines Mitreisenden wird schnell zum ‘Studio’ umgewandelt und wir erzählen vor dem Mikrofon von unseren Erlebnissen.

Ein mitreisendes Ehepaar fuhr noch weiter zu Verwandten in Korea (Frau Fuchs ist geborene Koreanerin) und Familie Faisst flog zur Insel Chedu im Süden der Halbinsel. Dort hat der Funkamateur Berthold Faisst vom Hotel aus noch mit seinem mitgebrachten Funkgerät viele Funkverbindungen in alle Welt gehabt. Die Erlaubnis, aus Korea funken zu dürfen (Gastlizenz), bekam Berthold noch kurzfristig im Hotel in Seoul von der zuständigen koreanischen Behörde per Fax.

Frau Hong, die uns die ganze Zeit über begleitet hat, bringt den Rest der Gruppe (noch acht Personen) zum Kimpo Flughafen in Seoul wo wir eine längere Wartezeit haben, da in China die RADAR-Überwachung ausgefallen ist. Frau Hong lud noch die ganze Gruppe zu einem Abschiedsdrink im Flughafenrestaurant ein. Ein riesiger Duty-Free Shop, mit zugegeben sehr günstigen Preisen, lädt zum Kaufen ein. Bemerkenswert: es werden nur US-$ oder Kreditkarten zur Bezahlung akzeptiert!

Mit einer Stunde Verzögerung gehen wir an Bord des Jumbos der Korean Airlines, der uns nach 11 Stunden ruhigen Fluges nach Frankfurt bringt. Hier sind leider die Anschlußflüge bzw. Züge weg und es dauert noch fast 6 Stunden bis ich wieder daheim bin.

Insgesamt eine interessante und schöne Reise, die wie immer zu kurz war. Für einen Neuling in Asien sicher ein faszinierendes Erlebnis.

Friedrich Stöhr